Les paradis de Diane
Carmen Jaquier, Jan Gassmann, Schweiz, 2024o
Nach der Geburt ihres Babys schafft es die junge Diane nicht, das Neugeborene in ihre Arme zu nehmen, und setzt sich stattdessen in den nächstbesten Bus. Die Fahrt endet im spanischen Hochhaus-Badeort Benidorm, wo sich Diane tagelang treiben lässt, alle Verbindungen zur Schweiz kappt und einzig zu einer älteren Französin, die keine Fragen stellt, eine rudimentäre Beziehung knüpft.
Soeben noch sahen wir Diane (Dorothée de Koon), wie sie ihr Neugeborenes anblickt und zögernd zu singen beginnt, unfähig, das weinende Geschöpf in die Arme zu nehmen. In der nächsten Szene sitzt sie schon in einem Bus, der sie irgendwohin bringt, Hauptsache weg. So gelangt Diane in den spanischen Hochhaus-Badeort Benidorm, erschöpft, fremd und mit leerem Blick. Sie lässt sich treiben, nur zu Rose (Aurore Clément) scheint sie Zugang zu finden, einer älteren Zufallsbekanntschaft mit wissendem Blick, die sie eine Zeit lang bei sich aufnimmt, ohne Fragen zu stellen. Unzugänglich bleibt Diane dennoch, die Protagonistin aus dem neuen Film der Genferin Carmen Jaquier, deren Kinodebüt Foudre für Aufsehen sorgte. Les paradis de Diane entstand in Zusammenarbeit mit Jaquiers Partner Jan Gassmann (99 Moons, Chrigu) noch vor Foudre und ist dramaturgisch weniger ausgereift. Zwar ist es nachvollziehbar, dass eine Frau mit einer postpartalen Depression in sich gekehrt bleibt und manchmal sogar von Selbsthass getrieben scheint. Buch und Regie sind auch spürbar von Empathie für die Protagonistin getragen. Unbefriedigend bleibt dennoch, dass die Begegnung mit Rose und auch jene mit Dianes Mann, der sie schliesslich aufspürt, ins Leere laufen. So bleibt man als Zuschauer:in der eigenen Ergänzungsfantasie und einer suggestiven Ästhetik überlassen, die Dianes Trauer im neon-erleuchteten Benidorm als melancholische Bilder der Entfremdung inszeniert.
Kathrin Halter