Prodigieuses
Valentin Potier, Frédéric Potier, Frankreich, 2024o
Die Zwillinge Claire und Jeanne sind virtuose Pianistinnen und werden an einer renommierten Musikuniversität aufgenommen. Sie tragen damit den Ehrgeiz ihrer Eltern weiter, die alles geopfert haben, um aus ihnen die Besten zu machen. Doch eine seltene Krankheit schwächt nach und nach ihre Hände. Sie weigern sich, ihren Traum aufzugeben, und kämpfen darum, um auf andere Weise zu Wunderkindern zu werden.
Der aussergewöhnliche, aber reale Fall der Zwillingsschwestern Audrey und Diane Pleynet, französischer Pianistinnen, die an einer seltenen Beeinträchtigung ihrer Hände leiden, hat das Regieduo Frédéric und Valentin Potier (Vater & Sohn) zu einem Film inspiriert, der weit besser ist, als man erwarten würde. Um sich eine gewisse künstlerische Freiheit zu erlauben, wurden die Pianistinnen in Vallois umbenannt: zwei Wunderkinder aus Strassburg mit sich aufopfernden Eltern. Deren Bemühungen beginnen sich auszuzahlen, als die Töchter an der renommierten Hochschule für Musik in Karlsruhe aufgenommen werden. Aber ihr Wettstreit um einen Platz als Solistin und ihre ersten Lieben bedrohen bald ihr gutes Verhältnis. Vor allem aber ist es die Entdeckung der Krankheit, die zuerst Claire trifft. Wie soll man auf einen solchen Schicksalsschlag reagieren, der ihren Traum zunichtemacht? Oder eher den ihrer Eltern? Letztere werden von Isabelle Carré und Franck Dubosc mit grosser Selbstlosigkeit ausgestattet. Es ist jedoch die Darstellung der jungen Schauspielerinnen Camille Razat und Mélanie Robert, die am meisten in ihren Bann zieht. Die beiden sind auch im wirklichen Leben befreundet und sehen sich dank des Make-ups erstaunlich ähnlich. Im letzten Moment haben sie ihre Rollen getauscht, um die Zwillinge in ihrer innigen Verbundenheit zu verkörpern. Mehr brauchte es nicht, um uns für diese dressierten Weseen zu begeistern, die durch Widrigkeiten und das Akzeptieren von Unterschieden menschlicher werden. Zwischen Resilienz, Musik und einer geschickten Inszenierung entsteht eine echte Alchemie, die direkt ins Herz des Melodramas führt, eines vielgeschmähten Genre, das de facto nicht dümmer ist als jedes andere.
Norbert Creutz